So funktioniert TV-Empfang über Satellit

Neu > TV & Receiver | 6. September 2019
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Wer seine Fernseh- und Radioprogramme digital über Satellit empfängt, greift selbstverständlich auf Technologien zu, die nicht nur an Science Fiction erinnern – sondern tatsächlich als solche entstanden sind. Inzwischen weltweit verbreitet und unübertroffen leistungsfähig ist die TV-Ausstrahlung über geostationäre Satelliten nicht nur der verbreitetste Empfangsweg von allen, sondern auch noch immer der wichtigste Inhalte-Zulieferer z. B. für Kabelnetzbetreiber. Ein Grund mehr, sich einmal deutlich zu machen, wie er eigentlich funktioniert.

DigitalSat z. B. über die in Deutschland beliebte Orbitposition Astra 19,2° Ost empfängt man nicht nur hierzulande, sondern flächendeckend in ganz Europa. Und das ausgehend von vier kleinen Satelliten, die sich auch mit einem kleinen Teleskop im Abendhimmel zeigen – geostationär 19,2° östlich wenn man der Nord-Süd-Achse entlang nach Süden blickt.

Der geostationäre Orbit

Der englische Science-Fiction Autor Arthur C. Clarke entwickelte 1945 die Idee, Kommunikationssatelliten auf einer, der Erdrotation angepassten Kreisbahn über dem Äquator zu platzieren – damit sie von der Erde aus mit einer fest montierten Satellitenantenne angepeilt werden können. Heute gilt Clarke als Visionär neuer Techniken, die er außer in Science-Fiction-Romanen und -Kurzgeschichten auch in wissenschaftlichen Artikeln beschrieb. Damals hätte niemand gedacht, dass heute hunderte Kommunikationssatelliten rund um den Globus in einem solchen Orbit über dem Äquator stehen würden, der Ihm zu Ehren den Namen „Clarke Belt“ trägt. So befinden sich Satelliten zur Ausstrahlung von TV- und Hörfunkprogrammen heute auf einer Umlaufbahn, rund 36.000 km über dem Nullmeridian. Clarkes‘ Idee, dass die Satelliten der Erddrehung folgend stets am selben Punkt über der Erde „stehen“, beschreibt man heute als geostationär. 

Am Anfang steht die Sendezentrale

Bei der digitalen TV-Übertragung via Sat stellt der Satellit im Orbit nur eine Zwischenstelle auf dem langen Weg des TV-Signals dar. Die Programmanbieter geben Ihre Programm­inhalte an die Sendezentrale eines Satellitenbetreibers. Im sogenannten Playoutcenter werden die Programminhalte von hochleistungsfähigen Systemen mit zusätzlichen Daten wie z. B. HbbTV, Videotext und Programminformationen in einem als Multiplexing bezeichneten Prozess zu einem digitalen Datenstrom (DVB-Stack) verwoben. Dieser wird dann über eine große Sendeantenne via Uplink zum TV-Satelliten übertragen. Das Bild zeigt das MX1 Playout Center in Unterföhring.

Zwischenstelle Satellit

Der TV-Satellit empfängt den DVB-Transportstrom vom Playoutcenter und strahlt ihn über Transponder gezielt in die von Ihm angesteuerten Empfangsgebiete. So lassen sich nicht nur riesige Gebiete abdecken sondern auch recht gezielt Senderegionen für einzelne Programme definieren. Mit einer digitalen Sat-Empfangsanlage kann jedermann im Empfangsgebiet das Satellitensignal aus dem All empfangen. Die Sat-Antenne bündelt, filtert und verstärkt dabei das Breitband-Signal und leitet es über Breitband-Koaxialkabel im einfachsten Fall direkt zu den Antennendosen im TV-Haushalt. Das digitale Empfangsteil im Digital-Receiver oder TV-Gerät teilt beim sogenannten Demultiplexen den digitalen Datenstrom wieder in seine Bestandteile auf und führt diese den jeweiligen Verarbeitungseinheiten zu. So verarbeitet eine DVB-Einheit Audio und Videostrom zum laufenden Fernsehbild, eine andere stellt z. B. erhaltene SI-Programminformationen dar.

Funktionsprinzip einer Satellitenantenne

Das Prinzip nach dem die Satelliten-Antenne die TV-Signale vom TV-Satelliten empfängt, ist verhältnismäßig einfach. Aufgrund der Entfernung zum Empfänger treffen die ausgestrahlten Signale des Satelliten parallel auf die Parabolantenne auf. Die parallel eintreffenden Signale werden von der Antennenoberfläche reflektiert und durch die gewölbte Fläche auf das eigentliche Empfangsteil – das LNB – fokussiert. Je größer die Oberfläche und je perfekter die Geometrie  des Sat-Spiegels sind, desto stärker kommt das eingehende Signal beim LNB an. Ein Schaltsignal des Receivers entscheidet, ob der horizontale (H) oder der vertikale (V) Anteil des Signals vom LNB an den Empfänger weitergeleitet werden soll. Durch die Mischung mit einer lokalen Oszillatorfrequenz (LOF) setzt der LNB das Satellitensignal auf einen im Breitband-Kabel übertragbaren Frequenzbereich von 950 – 2150 MHz um und verstärkt es.

Die drei Aufgaben der Empfangsanlage sind:

  1. Signalbündelung
  2. Polarisationsumschaltung
  3. Frequenzumsetzung und Verstärkung

Ausleuchtzonen & Sendeleistung

Die Signale der verschiedenen TV-Satelliten sind stets auf einen Bereich begrenzt, die sogenannte Ausleuchtzone. Sie wird auch als Footprint des Satellitensignals bezeichnet. Die Abstrahlleistung des Satelliten nimmt insbesondere an den Rändern des Ausstrahlungsgebiets rapide ab. So trifft das Sendeangebot z. B. der deutschen Standard-Orbitposition ASTRA 19,2° Ost in zentralen Bereichen der Ausleuchtzone je nach Wetterlage mit ca. 54 dBW, am Rand des Empfangsgebiets jedoch nur noch mit rund 46 dBW auf den Sat-Spiegel.

Spiegelgrößen

Die Empfangsleistung einer Sat-Antenne hängt direkt von der Größe des Sat-Spiegels ab. So lässt sich das Programmangebot z. B. von ASTRA 19,2° Ost im Zentrum der Ausleuchtzone schon mit hochwertigen Kleinst-Antennen empfangen. Zu den Rändern des Empfangsgebietes hin werden größere Spiegeldurchmesser erforderlich. Auch Witterungsbedingungen wie z. B. starker Regen können den Empfang beeinträchtigen. Daher ist es sinnvoll, bei der Planung von Satellitenanlagen Schlechtwetter-Reserven zu berücksichtigen. Aus diesem Grund werden für Anlagen mit mehr als vier Teilnehmern in aller Regel Sat-Spiegel ab mindestens 60 cm Durchmesser eingesetzt.

Rauschmaß

Neben Größe, Geometrie und Reflexionseigenschaften einer Sat-Antenne spielen insbesondere auch die Qualität und Leistungsfähigkeit der Empfangselektronik (LNB) eine große Rolle. So filtern hochwertige Sat-Anlagen Überlagerungen, Rauschen und Störungen optimal aus den empfangenen Signalen heraus – und sorgen damit für sichtbare Qualitätsgewinne.

Freie Sicht nach Süden

Da Sat-Antennen zum Empfang auf eine Orbitposition irgendwo über dem Äquator ausgerichtet werden müssen, ist in Deutschland vom Montage-Standort der Antenne ein freier Blick in Richtung Süden erforderlich. Auch zu Hindernissen wie Bäumen oder Nebengebäuden muss man ausreichend Abstand einhalten, um das Satelliten-Signal nicht zu 'verschatten'. Je nach Standort in der Bundesrepublik liegen die für Deutschland wichtigsten Satelliten ASTRA 19,2° Ost und Eutelsat 13° Ost zwischen 28° und 35° über dem Horizont. Damit lassen sich entsprechende Abstände von Hindernissen leicht ermitteln.

Empfangsanlagen ausrichten

Für perfekten Empfang muss eine digitale Satellitenanlage optimal ausgerichtet sein. Da die Satelliten zur Ausstrahlung von TV- und Hörfunkprogrammen stets am selben Punkt über der Erde stehen, ist es möglich, ihre Positionen nur mit einem Kompass und den beiden Werten für Azimut (Drehwinkel) und Elevation (Neigungswinkel) grob anzupeilen. Für das Feintuning gibt es für Privatleute einfache Einmess-Werkzeuge, die einem eine Menge Mühe ersparen können. Wer eine große Sat-Verteilanlage einmessen möchte, kommt aber an einem leistungsstarken Messempfänger und einer digitale Einmessung nicht vorbei. Zumal häufig auch Antennensignale z. B. für UKW, DAB+ oder DVB-T mitverteilt werden und mehrere Komponenten und Kabelstrecken beteiligt sind.

Azimut – Horizontale Ausrichtung

Der Azimut ist der Winkel für die horizontale Ausrichtung des Satellitenspiegels. Er wird auch Horizontalwinkel oder Drehwinkel genannt und entspricht der Bewegung, die man macht, wenn man den Kopf nach links oder rechts dreht. Bei der in Deutschland am häufigsten empfangenen Orbitposition ASTRA 19,2° Ost liegt der Azimut bei  160° bis 170° – und zwar wenn man sich von einem Blick nach Norden im Uhrzeigersinn fast vollständig bis zur Südrichtung dreht.

Der Höhenwinkel (Elevation)

Die Elevation ist der Winkel für die vertikale Ausrichtung des Satellitenspiegels. Er wird auch Höhenwinkel genannt und entspricht der Bewegung, die man macht, wenn man das Kinn senkt oder den Kopf in den Nacken legt. Je nachdem, ob man sich eher in nördlichen oder südlichen Gefilden der Erde befindet, ist der Elevationswinkel  kleiner oder größer. So beträgt er für ASTRA 19,2° Ost im nördlich gelegenen Hamburg 28,26°, in der Südmetropole München schon 34,24°. Am Äquator müsste man senkrecht in den Himmel schauen, um den Satelliten anzupeilen – weil die Satelliten, der Erdrotation folgend, über dem Äquator 'stehen', beträgt der Elevationswinkel dort genau 90°. 

Viergeteiltes Sat-Signal

Das Breitband-Signal, das vom Satelliten ausgestrahlt wird, nutzt zwei Frequenzbereiche in zwei Polarisationen: Die Frequenzbereiche sind das Lowband von 10.700 – 11750 MHz und das Highband von 11750 – 12750 MHz. Durch die Nutzung dieser Frequenzbereiche in vertikaler und horizontaler Polarisation lassen sich Lowband und Highband doppelt nutzen. So entstehen insgesamt vier Teilbereiche, nämlich Lowband Vertikal, Lowband Horizontal, Highband Vertikal und Highband Horizontal. Diese Teilbereiche werden als ZF-Ebenen bezeichnet. In jeder der vier ZF-Ebenen werden jeweils eigene Programme übertragen. So bietet die deutsche Standardorbitposition ASTRA 19,2° Ost auf ihren vier ZF-Ebenen hunderte TV- und Radioprogramme.

LNB generiert das Empfangssignal

Das LNB setzt das Satellitensignal durch die Mischung mit einer lokalen Oszillatorfrequenz (LOF) auf einen Frequenzbereich von 950 – 2150 MHz um. So kann das Satellitensignal über ein gut geschirmtes Breitband-Koaxialkabel übertragen werden. Im Low-Band beträgt die LOF 9.750 Mhz. Im High-Band wird sie auf 10.600 MHz angehoben. Aufgrund physikalischer Beschränkungen lassen sich nur die Signale einer ZF-Ebene über ein einzelnes Koaxial-Kabel vollständig übertragen. Diese Begrenzung erklärt, warum es ohne Einschränkungen oder technische Sonderlösungen wie z. B. teilnehmergesteuerte Einkabellösungen nicht möglich ist, mehrere Sat-Receiver mit freier Programmwahl an einer einzigen Antennenleitung zu betreiben. Auch wird deutlich, warum Quattro-LNBs zur Versorgung größerer Sat-Verteilanlagen vier Ausgänge besitzen – nämlich für jede ZF-Ebene einen. 

z.B. Das Erste HD

Da stets nur ein Satblock über ein Breitbandkabel übertragen werden kann, muss das Empfangsgerät dem LNB des verbundenen Satellitenspiegels oder einem versorgenden Multischalter den benötigten Satblock singalisieren.

Der Empfänger wählt die ZF-Ebene

Daher werden klassische Einteilnehmer-LNBs über ein Schaltsignal des Empfangsgeräts gesteuert, das definiert, welche Ebene auf das jeweilige Sat-Kabel geschaltet wird. Hierzu wird die ohnehin benötigte Versorgungsspannung für das LNB genutzt, die der Empfänger zwischen Innenleiter und Außenschirm des Koaxialkabels einspeist. Dabei wird einfach die Grundspannung angehoben oder gesenkt – 14 V für vertikal und 18 V für horizontal übertragene Signale. Den Wechsel in das High-Band signalisiert das Empfangsgerät mit der Aufmodulation einer Frequenz von 22 KHz auf die Versorgungsspannung der jeweiligen Polarisationsebene (14V / 18V). Wird die Frequenz abgeschaltet, wechselt das LNB zurück zum Low-Band. Damit sind die vier Schaltzustände für die vier ZF-Ebenen definiert. Gleich ob es sich um einen spezialisierten Digitalsat-Receiver oder einen Fernseher handelt, jedes Sat-Empfangsgerät muss diese Grundzustände beherrschen. 

Mehrpositionsempfang

Gleich auf mehreren Wegen lässt sich auch der gleichzeitige Empfang mehrerer Orbitpositionen realisieren. Gleich ob über mehrere Sat-Antennen, eine Feedschiene oder komfortable Multifeed-LNBs, die gleich zum Empfang von zwei oder mehr Orbitpositionen ausgelegt sind, über den Mehrpositionsempfang lässt sich eine geradezu unglaubliche Programmvielfalt internationaler TV- und Radiokanäle empfangen. 

DiSEqC

Um mehr als vier ZF-Ebenen ansteuern zu können, wurde das digitale Steuerungs-Protokoll DiSEqC eingeführt. Hierbei wird z. B. beim Empfang über eine Multifeed-Antenne mit dem Schaltsignal des Receivers ein digitaler DiSEqC-Befehl übertragen, anhand dessen zunächst die gewünschte Satellitenposition ausgewählt wird. Danach wird die entsprechende ZF-Ebene wie bereits erläutert, über Versorgungsspannung und Schaltfrequenz des Receivers festgelegt. DiSEqC-Schaltbefehle werden über die Schaltfrequenz 22 KHz des Receivers auf der anliegenden Versorgungsspannung (14V / 18V) übertragen.

Erweiterte Befehlssätze

Aufgrund der digitalen Natur des Steuerungssignals kann eine Full-DiSEqC-Message (Datenwort) bis zu 32 Bit enthalten. Ein Datenwort setzt sich aus einem Startbyte (Header), einem Adressbyte und einem Befehlsbyte zusammen – zusätzlich können weitere Datenbits folgen. Die verschiedenen unterstützten Befehlssätze werden als DiSEqC-Level bezeichnet. Damit solche Befehle auch innerhalb größerer Sat-Verteilanlagen übertragen werden können, müssen auch dort verwendete Sat-Verteiler die entsprechenden DiSEqC-Befehlssätze unterstützen. Multischalter zur Verteilung von acht und mehr ZF-Ebenen sind daher heute auch für den Umgang mit verschiedenen DiSEqC-Levels zur Wahl von Polarisation, Frequenzband, Sat-Position und weiterer Optionen ausgelegt. So lässt sich z. B. das vollständige Programmangebot vier empfangbarer Orbitpositionen wie z. B. ASTRA 19,2° Ost, Eutelsat Hotbird 13° Ost, Hispasat 30° West und Türksat 42° – von einer Sat-Anlage ausgehend, wenn gewünscht für hunderte Teilnehmer mit freier Programmwahl realisieren. Dies ist insbesondere für Mietwohnungen, Hotels oder aber auch Flüchtlingseinrichtungen hoch interessant.